Brauchen Ingenieurbüros ein neues Mindset? Oder: (Bl)Ing (Bl)Ing – es ist Zeit zu strahlen

Letztes Artikel-Update 12.12.2024 | Marketing

Bauingenieur:innen und die Außendarstellung, ein schwieriges Thema…

In der Ausbildung nicht thematisiert, im Büroalltag aufgrund des Baubooms der letzten Jahre nicht benötigt, ist Marketing für viele Ingenieur:innen unbekanntes (und häufig unbeliebtes) Terrain. Und so agiert die Baubranche hier, wie es ihr auch bei Digitalisierungsthemen unterstellt wird, zurückhaltend.

Doch wie bei der Digitalisierung gilt auch beim Marketing für Ingenieurbüros: Verstecken geht nicht. Fordert auch Dr.-Ing. Heinrich Bökamp, Präsident der Bundesingenieurkammer, in seinem „Auf ein Wort“ im August 2023

Selbst wenn ein professioneller Außenauftritt auch heutzutage nicht unbedingt für die Auftragsgewinnung benötigt wird, ist er doch für andere Bereiche – Stichwort Recruiting – unabdingbar.

Warum Ingenieurbüros umdenken müssen, welche (kleinen Schritte) sie gehen können und wie das zum Teil steife Image abgelegt werden kann, lesen Sie in diesem Beitrag.

Werbeverbot für Ingenieur:innen?

Ein Mythos, der sich scheinbar hartnäckig in den Köpfen vieler Bauingenieur:innen hält (oder vielleicht auch gern als Ausrede genutzt wird?) ist das Werbeverbot.

Besonders bei Gründer:innen, die – frisch selbstständig – in ihre Landesingenieurkammer eintreten und nun neben Businessplan, Finanzierung und Versicherungen auch noch die Satzung und daraus resultierende Pflichten auf dem Tisch haben.

Tatsächlich findet sich in den Berufsordnungen/ Gesetzen/ Satzungen jedes Bundeslandes ein Absatz zum Thema Marketing. Dieser lautet jedoch in allen 16 Bundesländern ziemlich einstimmig: Werbung ist erlaubt, solange sie sachlich und nicht irreführend oder wettbewerbswidrig ist.

Es ist also überhaupt nichts dagegen einzuwenden, wenn Sie auf einer modernen Website Ihre Referenzprojekte darstellen, um so Ihre Expertise zu untermauern.

Wenn Sie einen Social Media Account betreiben, um Einblicke in Ihr Ingenieurbüro zu geben.

Wenn Sie Google Ads schalten um – besonders in der Gründungsphase – besser von Auftraggeber:innen gefunden zu werden.

Es ist alles erlaubt, sofern Sie professionell „über Ihre berufliche Tätigkeit unterrichten“.

Der/ die unsichtbare Ingenieur:in

Ob das eine das andere bedingt, wird sich wohl nie klären lassen. Es scheint jedoch, dass viele Bauingenieur:innen sich „im Schatten“ (früher in der Diskothek wäre es an der Wand gewesen) ganz wohl fühlen.

Mit der eigenen Arbeit an die Öffentlichkeit gehen liegt ihnen nicht.

Auffällige Logos, bunte Farben, plakative Bilder – eher nichts für die Branche.

Ein Foto von sich selbst auf der Website? Nur, wenn es unbedingt sein muss. Und dann am besten ein seriöses Bewerbungsbild, versteckt auf einer Unterseite.

Social Media Account anlegen? Vielleicht. Selbst aktiv sein? Lieber nicht. Was soll ich denn posten? Außerdem wird man da ja gesehen…

So oder so ähnlich scheint die Devise bei vielen zu sein. Dabei hätten Bauingenieur:innen so viel zu erzählen. So viel, worauf sie stolz sein können. So viel, was auch für die (breite) Öffentlichkeit interessant ist.

Es braucht also in erster Linie ein neues Mindset. Und das kommt nicht über Nacht. Aber durch verschiedene Initiativen und eine neue Generation von Bauingenieur:innen besteht die Chance, dass die Baubranche vielleicht doch bald „auf der Tanzfläche, statt an der Wand steht“.

Mit der Kampagne „Die Ausdenker“ des Verband Beratender Ingenieure VBI  sind z.B. schon einige Ingenieur:innen ins Rampenlicht getreten, um der Branche ein Gesicht zu geben.

BlingBling_Pressebild

BLING. BLING. – the Engineer Collection der Ingenieurkammer-Bau Nordrhein-Westfalen

Der Bauingenieur:innenberuf hat ein angestaubtes Image.

„Sorry aber ISO“ würde die Ingenieurkammer-Bau Nordrhein-Westfalen darauf vielleicht antworten.

Denn dies ist einer der Sprüche, die seit September 2022 z.B. auf T-Shirts und Pullovern in einem eigenen Onlineshop verkauft werden. Mit dem Label BLING.BLING. soll der Berufsstand der Ingenieur:innen buchstäblich in Mode gebracht werden.

So greifen Sprüche wie „Louis Beton“ oder „God save the ING” humorvoll die Eigenheiten der Ingenieur:innenwelt auf und brechen mit ihrem konservativen Image.

Doch die Kampagne hat nicht nur oberflächliche Ziele. Sie möchte ein modernes Bild des Bauingenieur:innenberufs zeichnen, um so das Interesse junger Talente zu wecken und den Nachwuchsschwierigkeiten in der Branche entgegen zu treten.

Der Präsident der Ingenieurkammer-Bau NRW, Dr.-Ing. Heinrich Bökamp:

„Gegen den Nachwuchsmangel im Bauingenieurwesen hilft kein Klagen, sondern nur Handeln. Mit unserer Kampagne machen wir den Beruf des Bauingenieurs für den Nachwuchs noch attraktiver. Besonders freut mich, dass uns dies auf leichte und sympathische Art gelingt. Wir Ingenieure nehmen uns persönlich nicht allzu wichtig, unseren Beruf und unsere Arbeit dafür umso ernster. Ich bin mir sicher, viele angehende und aktuelle Bauingenieurinnen und Bauingenieure werden die Produkte unserer Bling.Bling-Kollektion mit einem Augenzwinkern, aber nicht gänzlich ohne Stolz tragen.“

Wer am lautesten schreit wird gehört?

Es ist leider so: nicht die besten Inhalte zählen, sondern die, die am überzeugendsten vorgetragen werden.

Vergleichbar mit den ewigen Rivalen Pepsi und Coca Cola. In vielen Blindverkostungen schneidet Pepsi geschmacklich besser ab. In Punkto Markenbekannt- und beliebtheit hat Coca Cola aber die Nase vorn.

Was das Zuckergetränk mit Ihnen als Bauingenieur:in zu tun hat?

Wenn Sie auf der Suche nach einem neuen Job sind, für welches Büro würden Sie sich entscheiden? Büro eins, das eine Website von 2008 ohne Fotos der Kolleg:innen, keine Social Media Accounts und kein Unternehmensprofil bei Google hat? Das Büro, dessen Stellenanzeige Sie „aus Versehen“ in der Sonntagszeitung entdeckt haben?

Oder für Büro zwei, mit moderner Website und separater Karriereseite, auf der Mitarbeiter:innen mit Bild und Video zu Wort kommen. Das Büro, dem Sie schon länger auf LinkedIn und Instagram folgen und das dort regelmäßig Einblicke in den Büroalltag gibt und vielleicht sogar schon mit Ihnen per Direktnachricht kommuniziert hat? Das Büro, das Ihnen immer wieder auf Seite eins bei Google angezeigt wird, wenn Sie regional suchen und das auf seinem Unternehmensprofil viele positive Rezensionen hat und diese auch beantwortet?

Auch wenn in Büro eins das Arbeitsklima vielleicht besser, die Projekte abwechslungsreicher und das Gehalt sogar höher sind – woher sollen Sie das wissen?

Und das lässt sich ebenso auf die Auftragsgewinnung, den Aufbau einer Reputation oder die Gewinnung von Kooperationen übertragen:

Sie müssen sichtbar sein, um stattzufinden!

Und natürlich müssen Sie dazu nicht laut schreien. Aber über Ihren Schatten springen und sich mit Ihrer Außendarstellung beschäftigen…

Das Thema „Laut sein“ hat übrigens auch der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e.V. in seiner neuen Kampagne „Leise geht’s nicht“ aufgegriffen.

In eindrucksvollen Motiven und mit Fakten, die zum Nachdenken anregen wird für die Branche geworben. Vielleicht auch eine Anregung für das eigene Marketing? Z.B. indem Sie die Beiträge des Verbandes teilen (zu finden u.a. auf LinkedIn).

Möglichkeiten für „leises“ Marketing für Ingenieurbüros

Wie können Sie nun professionell und sachlich über sich und Ihre Arbeit informieren, selbst wenn Ihnen Marketing nicht wirklich liegt?

Hier drei Ideen für Ihren Außenauftritt ganz ohne Videos, „Chichi“ und auch für Introvertierte.

a) Website

2023 sollte es selbstverständlich sein, dass ein Ingenieurbüro über eine Website verfügt (wer nicht gefunden wird, findet nicht statt). Diese muss rechtlich und technisch auf dem neuesten Stand sein, mobil und suchmaschinenoptimiert und ein gutes Nutzer:innenerlebnis bieten.

Auf der Website können Sie über sich, Ihr Angebot und Ihre Referenzen informieren. Ihre Website arbeitet 24/7 für Sie und ist langfristig das günstigste Marketing-Instrument.

Für die Erstellung können Sie sich professionelle Unterstützung von einer Agentur oder einem Webdesigner holen. Diese übernehmen in vielen Fällen auch die Pflege und Wartung, so dass Sie sich nicht darum kümmern müssen und Ihre Website trotzdem up to date bleibt.

b) Social Media

Wenn auch omnipräsent, es gibt mehr Plattformen, als Tik Tok und Instagram.

Eine, die besonders gut für das B2B-Umfeld geeignet ist und auch Bauingenieur:innen liegen dürfte, ist LinkedIn. Eine professionelle Business-Plattform mit wertvollen Beiträgen, wertschätzendem Umgang und mittlerweile 830 Millionen Mitgliedern weltweit. Hier können Sie bereits mit einem überschaubaren Netzwerk und wenigen Beiträgen eine große Reichweite erzielen. Eine ausführliche „Anleitung“ finden Sie in meinem Blogbeitrag „LinkedIn für Ingenieurbüros – warum und wie Sie das soziale Netzwerk nutzen sollten“.

Jemand, der schon sehr aktiv auf LinkedIn ist und sich sowohl in der Baubranche als auch im Marketing exzellent auskennt, ist Dr. Sissis Kamarianakis. Der studierte Bauingenieur hat aus seiner Leidenschaft für Marketing die Emotional Brand Academy entwickelt, in der er nicht nur Ingenieur:innen sein ELSA-Prinzip näher bringt.

Er hat auf Social Media auch den Begriff des Emotional Engineers geprägt, mit dem er ganz klare Vorstellungen verbindet:

„Ein Emotional Engineer zu sein bedeutet, als Person eine tiefe emotionale Bindung zu schaffen. Sie geht an die Wurzeln unseres Seins und berührt die Seele – so dass Menschen ihrer echten Passion nachgehen. Nämlich dem Bauen!

 

Ein Emotional Engineer weiß Geschichten, Bilder und Emotionen zu kreieren und einzusetzen, um eine tiefe Verbindung herzustellen und eine Botschaft auf eine Weise zu vermitteln, die die Menschen berührt und die in Erinnerung bleiben.“

Neugierig? Vernetzen Sie sich doch auf LinkedIn mit Dr. Sissis Kamarianakis.

c) Gastbeiträge/ Podcasts

Wenn Ihnen das Schreiben oder Sprechen liegt, bieten Sie doch Branchen-Blogs oder Podcasts einen Beitrag bzw. ein Interview an. So können Sie sich mit einmaligem Aufwand als Expert:in für ein Thema positionieren.

Sie profitieren vom Marketing des Blogs/ Podcasts und können den Auftritt gleichzeitig z.B. für Ihre Social Media Posts nutzen. Win-win-win Situation sozusagen.

Ingenieurkammer MVP Preisverleihung Ingenieurpreis 2023

Frischer Auftritt mit Bling Bling: Statt Blumen erhielten die Gewinner des BLU-Nachwuchspreises beim Ingenieurpreis M-V T-Shirts der Kampagne. Blumen verwelken, der Stolz auf den eigenen Beruf kann aber noch lange mit dem T-Shirt gezeigt werden.

Wie Ingenieurkammern beim Marketing unterstützen

Bauingenieur:innen in Deutschland sind z.T. gesetzlich verpflichtet Mitglied einer Ingenieurkammer zu werden (Beratende Ingenieur:innen) oder können freiwillig Mitglied werden.

Neben dem damit verbundenen Qualitätsmerkmal und der Vertretung der beruflichen Belange unterstützen die Ingenieurkammern ihre Mitglieder aber auch noch in vielen weiteren Punkten. So z.B. beim Außenauftritt und der Öffentlichkeitsarbeit.

Ein Beispiel dafür sind von den Kammern organisierte Wettbewerbe, mit denen Projekte der Mitglieder einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

„Ich würde mir wünschen, dass Bauingenieur:innen hier ein wenig vom Beispiel der Architekturbüros lernen würden, die Wettbewerbe ganz selbstverständlich für ihr Marketing nutzen“, appelliert Manuela Kuhlmann von der Ingenieurkammer Mecklenburg-Vorpommern.

Sie hat im Juni den INGENIEURPREIS MECKLENBURG-VORPOMMERN 2023 organisiert.

Auch sie beobachtet, dass Bauingenieur:innen sehr zurückhaltend sind, wenn es um das Thema Werbung geht. „Wir geben unseren Mitgliedern gern das nötige Rüstzeug wie Flyer, Pressemeldungen und Social Media Beiträge an die Hand. Ein wenig Eigeninitiative ist aber auch gefordert. Teilt die Beiträge, verteilt die Flyer überall, wo es geht oder weist z.B. in eurer E-Mail-Signatur auf den Wettbewerb hin.“

Wenn Sie den Bauingenieur:innen etwas zurufen dürfte wäre es

„Bling, Bling – strahlt doch mal!“

mit einem Augenzwinkern in Richtung der Kampagne der Ingenieurkammer Nordrhein-Westfalen.

Übrigens: Im Deutschen Ingenieurblatt (DIB), das über die Bundesingenieurkammer und somit von allen Länderkammern gemeinsam herausgegeben wird, können Fachthemen stattfinden. In den einzelnen Länderbeilagen ebenfalls.

Die Redakteur:innen in den Geschäftsstellen der Bundesländer sind Zulieferungen über spannende Bauprojekte gegenüber aufgeschlossen oder nehmen gern Themen an, welche auf der Agenda der Mitgliedsbüros sind.

Denn „die Kammer“ sind schließlich die Ingenieur:innen, nicht die Geschäftsstellen, und die dürfen gern stattfinden.

Gemeinsam geht mehr

Auch wenn viele Ingenieur:innen in Ihrem Tagesgeschäft häufig als „Einzelkämpfer:in“ unterwegs sind, lohnt sich in punkto Marketing ein Blick nach links und rechts.

Was machen andere Ingenieurbüros? Wo und wie werben sie? Und: kann man sich vielleicht zusammentun?

Wenn Sie bei Projekten mit Partner:innen kooperieren, nutzen Sie doch die jeweilige Reichweite, um auf sich und die gemeinsame Arbeit aufmerksam zu machen. Ein Post auf den Social Media Kanälen mit einer Verlinkung des jeweils anderen. Oder ein Projektbericht auf der Website mit Zitat und/oder Link zum Partnerbüro.

Tun Sie sich regional mit Anbieter:innen zusammen, die Ihr Leistungsportfolio ergänzen und schalten Sie gemeinsam Anzeigen (auf Social Media oder ganz klassisch in Zeitungen).
Schreiben Sie sich gegenseitig Rezensionen für Ihre Unternehmensprofile bei Google.
Interagieren Sie auf Ihren Social Media Accounts durch Reaktionen, Kommentare und Taggen (Markieren von anderen Unternehmen im eigenen Beitrag).

Wenn Sie einen Blog auf Ihrer Website haben, lassen Sie Gastbeiträge von anderen Büros zu aktuellen oder Spezial-Themen schreiben. Bieten Sie dies im Gegenzug auch anderen Büros an.

Es muss nicht immer eine große (teure) Marketing-Kampagne sein. Auch kleine Schritte führen irgendwann zum Ziel.

Und wenn jede:r Bauingenieur:in einen kleinen Schritt aus der Komfortzone macht, zahlt das auf das Image der ganzen Branche ein.

Wenn Sie sich Unterstützung bei Ihrem (leisen) Marketing wünschen – nehmen Sie gern Kontakt auf. Von der Strategiebesprechung bis zur Website-Erstellung bin ich an Ihrer Seite.

Überzeugen Sie sich anhand meiner Referenzprojekte – diese Ingenieurbüros sind bereits sichtbar.

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